Gasentwicklung ist im experimentellen Unterricht schon von jeher ein schwierig zu handhabender Bereich. Die verwendeten klassischen Apparaturen sind sehr groß und bringen sehr große Probleme mit sich:




Gasentwicklung

Große Chemikalienmengen

Große Totvolumina

Arbeiten unter dem Abzug bei Darstellung toxischer und ätzender Gase

Fast nur Lehrerdemonstrationen - kaum Schülerübungen möglich



Hier bietet die Verwendung von medizintechnischen Geräten eine Alternative. Victor Obendrauf hat in seinem Grundsatzartikel "Experimente mit Gasen im Minimaßstab" [ChiuZ, 30. Jahrg. 1996/Nr.3 S. 118 ff] Low-Cost-Gasentwickler mit entsprechenden Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die unten aufgeführten Versuchsanordnungen gehen weitgehend auf seine Vorschläge zurück.
Klassische Gasentwickler bestehen fast immer aus einem Tropftrichter, einem Reaktionsgefäß und einem Apparaturteil zum Auffangen der Gase. Konsequenzerweise kann man den Tropftrichter durch eine Luer-Spritze mit einem kleinen Volumen (z.B. 2,5 mL) ersetzen, als Gasauffanggerät findet eine 20 mL oder 50 mL-Spritze Verwendung. Je nach Ausstattung der Sammlung lässt man die Reaktion zur Gaserzeugung in unterschiedlichen Gerätschaften (s. Versuchsaufbauten) wie Reagenzglas, Reagenzglas mit seitlichem Ansatz, Filmdose oder Rollrandglas ablaufen.
Die gasgefüllten Spritzen können aus der Apparatur genommen werden, somit stehen die Gase für weitere Reaktionen zur Verfügung. Bei der Darstellung von toxischen Gasen ist darauf zu achten, dass immer eine mit einem geeigneten Adsorptionsmittel (z.B. Aktivkohle mit Glaswolle gefasst) gefüllte Spritzenhülsen bereit gehalten werden, um die offene Apparatur zu verschließen.
Die Kanüle der gasgefüllten Spritzen sticht man in einen Gummistopfen und kann sie so bis zur eigentlichen Verwendung aufbewahren (s.o.).
Die Spritzen, die als Tropftrichterersatz fungieren, füllt man direkt aus der Flasche durch Aufziehen der entsprechenden Chemikalien. Anhaftende Substanzreste müssen durch mit Wasser abgespritzt werden. Nach dem Versuch muss die Kanüle mit Wasser gespült werden; so ist eine erstaunliche Langlebigkeit der Kanülen garantiert.
Gasentwicklungsapparaturen lassen sich in vielfältiger Hinsicht zusammenstellen; von einer einfachen Gasentwicklung in einem Reagenzglas bis hin zu Apparaturen mit Gastrocknung und Absorption. Die folgenden Abbildungen sind selbsterklärend:



Reagenzglasentwickler

Ein sehr einfacher Gasentwickler lässt sich mit Hilfe eines Reagenzglases (16X160 mm) und eines passenden Gummistopfens zusammenstellen. Zwei Kanülen (1,2 x 40)  werden durch einen Gummistopfen geschoben und mit einem Seitenschneider gekappt. Die Schnittfläche darf dabei nicht zusammengedrückt werden. Man präpariert auf diese Art einige Gummistopfen, die speziell für diese Art der Gasentwicklung benutzt werden.



Geräte

Reagenzglas (16 x 160 mm, Fiolax)

passender Gummistopfen (18D)

2 Kanülen (1,2 x 40 mm)

20 mL Spritze zum Auffangen des entstehenden Gases

2,5 mL Spritze zum Zutropfen des Reaktanten 2



 



Filmdosengasentwickler

Dieser Gasentwicklertyp ist ähnlich aufgebaut wie der Reagenzglas-Gasentwickler. Anstelle des Reagenzglases wird eine Filmdose oder, falls man die Gasentwicklung direkt beobachten möchte, ein Rollrandglas mit ähnlichen Abmessungen verwendet. Ein entsprechend dimensionierter Gummistopfen findet Verwendung.



Geräte

Filmdose oder Rollrandglas

passender Gummistopfen (34D)

2 Kanülen (1,2 x 40 mm)

20 mL Spritze zum Auffangen des entstehenden Gases

2,5 mL Spritze zum Zutropfen des Reaktanten 2



 



Stopfenbettsystem-Gasentwicklung



In vielen Chemiesammlungen finden sich Geräte des Stopfenbettsystems SB19/SB29. Dazu gehören auch Reagenzgläser mit einem seitlichen Ansatz. Solche Reagenzgläser lassen sich gut zur Gasentwicklung einsetzen. Benötigt werden dazu Adapter mit einem Glasrohr von 8 mm Durchmesser.
Besonders einfach gestaltet sich das Einbringen des Reaktanten 2 in die Apparatur, wenn man einen durchbohrten Stopfen verwendet, in den man umgekehrt einen Injektadapter eindrückt. Durch ihn kann man leicht die Kanüle schieben und auch während des Versuches herausziehen, ohne dass Gas entweichen kann. Dies ist immer dann von Vorteil, wenn der Reaktant 2 nachgeliefert werden muss.



Geräte

Reagenzglas mit seitlichem Ansatz (SB 19)

passender Gummistopfen (SB 19)

1 Kanülen (1,2 x 40 mm)

20 mL Spritze zum Auffangen des entstehenden Gases

2,5 mL Spritze zum Zutropfen des Reaktanten 2

Silikonverbinder

Adapter (8mm)



 



Stopfenbettsystem-Gasentwickler mit Adsorption

Bei der Darstellung toxischer Gase ist es häufig zweckmäßig, die Gasentwicklungsapparatur um die Möglichkeit der Gasadsorption zu erweitern.



Geräte

Reagenzglas mit seitlichem Ansatz (SB 19)

passender Gummistopfen (SB 19)

1 Kanülen (1,2 x 40 mm)

Dreiwegehanh

20 mL Spritze zum Auffangen des entstehenden Gases

2,5 mL Spritze zum Zutropfen des Reaktanten 2

Spritzenhülse mit einem geeigneten Adsorptionsmittel

Silikonverbinder

Adapter



 



Gasentwickler mit Trocknung und Adsorption

Um Gase wasserfrei darzustellen, ist eine Trocknung mit einem geeigneten Trockenmittel notwendig. Dazu füllt man eine Spritzenhülse mit einem geeigneten Trockenmittel (mit Glaswolle gehalten). Bei der Darstellung toxischer Gase ist es häufig zweckmäßig, die Gasentwicklungsapparatur um die Möglichkeit der Gasadsorption zu erweitern.



Geräte

Reagenzglas mit seitlichem Ansatz (SB 19)

passender Gummistopfen (SB 19)

1 Kanülen (1,2 x 40 mm)

Dreiwegehahn

20 mL Spritze zum Auffangen des entstehenden Gases

2,5 mL Spritze zum Zutropfen des Reaktanten 2

Spritzenhülse mit einem geeigneten Trockenmittel

Spritzenhülse mit einem geeigneten Absorptionsmittel

Silikonverbinder

Adapter



Gasentwickler (Trocknen-Adsorption) 



Halbmikro-Gasentwickler mit Zinser-Geräten

Mit dem Halbmikrosatz von Zinser lässt sich mit einem "Zweihalskolben" und entsprechenden Adapterkupplungen, die mit einer entsprechenden Dichtung bzw. Silikonseptum versehen sind. Über das Septum wird der Reaktant 2 zugespritzt. Das Gas entweicht über die Adapterkupplung, in die ein 6mm Adapter eingeführt wird.



Geräte

Reaktionsgefäß mit Seitenarm 45°

Adapterkuppung AK20

Adapter 6mm

Verschlusskappe mit Septum

Kanüle

20 mL Spritze zum Auffangen des entstehenden Gases

2,5 mL Spritze zum Zutropfen des Reaktanten 2



Gasentwicklung Zinser 



Darstellung verschiedener Gase

V. Obendrauf hat in einer tabellarischen Übersicht die Darstellungsarten verschiedener Gase veröffentlicht:



Gas Reaktant 1
im Überschuss im Gasentwickler (ca. 3-5 g)
Reaktant 2
tropfenweise zu dosieren aus 2-mL-Spritze
Adsorptions-
mittel
Trockenmittel
(falls erforderlich)
Hinweise
Wasserstoff (F+) Zn-Granalien Salzsäure (konz.) entfällt Calciumchlorid Zn/HCl-Gemisch mit CuSO4 -Lösung katalysieren
Wasserstoff (F+) Mg-Band Salzsäure (w = 10%) entfällt Calciumchlorid  
Sauerstoff (O) MnO2-Tabletten Wasserstoffperoxid (w = 10%) entfällt Calciumchlorid MnO2-Tabletten:
Braunsteinpulver u. Zement (Massenteile 2:1 bis 1:1) mit Wasser anteigen und in leerer Tablettenverpackung verfestigen lassen.
Kohlendioxid NaHCO3 (s)
Na2CO3 (s)
Salzsäure (w = 10%) entfällt Calciumchlorid HCl-freies CO2 erhält man durch Vorschalten eines Aktivkohleröhrchens
Schwefeldioxd (T) NaHSO3 (s)
Na2SO3 (s)
Salzsäure (w = 10%) NaOH (s) Calciumchlorid Nur im RG durchführbar (Erhitzen erhöht die Ausbeute), Adsorptionsröhrchen verwenden.
Kohlenmonoxid (T), (F+) H2SO4 (konz.) ca. 2 mL Ameisensäure (konz.) Harnstofflösung Calciumchlorid Nur im RG durchführbar: Ameisensäure in 0,5 mL-Portionen zugeben u. leicht erwärmen (mehrere Spritzen füllen)
Chlor (T) KMnO4 (s) Salzsäure (konz.) Aktivkohle Calciumchlorid Gummidichtung ölen, Adsorptionsröhrchen unerlässlich
Stickstoffoxide (T) Cu-Blech Salpetersäure (konz.) Aktivkohle Calciumchlorid Nadeln sofort nach Gebrauch waschen, Adsorptionsröhrchen unerlässlich
Chlorwasserstoff (C) NaCl (s) H2SO4 (konz.) Wasser Calciumchlorid Nur im RG durchführbar (Erhitzen erhöht die Ausbeute)
Schwefelwasserstoff (T+), (F+) FeS (s) zerkleinern ca. 1mm Salzsäure (w = 10%) Aktivkohle ??? Calciumchlorid im RG empfehlenswert (Erhitzen erhöht die Ausbeute)
Ammoniak (T) NaOH (s) Ammoniaklösung (w = 25%) Aktivkohle mit CuSO4 oder
Wasser
Calciumchlorid NH3-Lösung langsam zutropfen lassen, Adsorptionsröhrchen verwenden
Ethin (F+) CaC2 (kleines Stück) Wasser Aktivkohle für Phosphin Calciumchlorid Das geruchsintensive und giftige Nebenprodukt Phosphin kann mit einem Adsorptionsröhrchen gebunden werden